"Wir brauchen unbedingt Gewerbeflächen"

Die Diskussion über Sinn und Unsinn neuer Gewerbeflächen in Großbottwar ist wieder voll entbrannt. Der BdS-Chef Thomas Titze und der Bauunternehmer Alexander Rast erklären im Interview, warum die Stadt weitere Areale für Firmen, aber auch zusätzliches Wohnland ausweisen sollte. Und sie erläutern, inwieweit sich das mit dem Landschaftschutz verträgt.

Herr Titze, wie viele Kreuze haben Sie gemacht, als der Murrer Gemeinderat kürzlich entschieden hat, auf seiner Gemarkung kein interkommunales Gewerbegebiet zuzulassen?
Titze: Für mich war das die einzig logische Konsequenz. Murr kann einfach kein weiteres Gewerbegebiet vertragen. Man muss sich nur das bereits vorhandene Verkehrsaufkommen aus Richtung Pleidelsheim vergegenwärtigen. Da ist eine Grenze erreicht. Der Tunnel Bergkelter und die Kreuzung dahinter sind doch jetzt schon heillos verstopft.

Sie denken also, der von der Region vorgeschlagene Standort nördlich des Aldi-Lagers war untauglich?
Titze: Ich finde, dass schon der Standort für das Aldi-Zentrallager unglücklich gewählt war. Die Lastwagen, die sich durch den Großbottwarer Kreisel quetschen und in Richtung Murr fahren, bedienen doch fast alle Aldi. Die verkehrliche Erschließung könnte an anderer Stelle besser abgewickelt werden.

Der anscheinend untaugliche Standort für ein neues Gewerbegebiet in Murr ist das eine. Aber das Nein des dortigen Gemeinderats hat für Sie doch auch den Vorteil, dass Großbottwar damit als Alternative im Spiel bleibt.
Rast: Das stimmt schon. Wobei es aus meiner Sicht schon gewagt war, dass die Region ausgerechnet an der Stelle in Murr die Option für ein interkommunales Gewerbegebiet ziehen wollte. Und dann sollen Oberstenfeld und Großbottwar auch noch mitmachen. Das ist schon weit an den Haaren herbeigezogen.

Das heißt, die Federführung sollte eher bei Oberstenfeld und Großbottwar liegen und die Region sich auf Gemarkung der Storchenstadt nach geeigneten Arealen umschauen?
Titze: Genau. Diese beiden Kommunen brauchen ja in erster Linie ein solches Gewerbegebiet. Alle anderen sind ja in der Hinsicht ziemlich satt.
Rast: Die Ablehnung aus Murr kam nicht überraschend. Man muss dabei auch berücksichtigen, dass Murr bereits solide Haushalte aufweisen und auf Rücklagen zugreifen kann. Die stehen finanziell unter keinerlei Druck. Warum sollten sie sich also mehr Verkehr aufhalsen?

Wie erklären Sie sich dann, dass die Region nicht gleich auf Großbottwar zugegangen ist?
Rast: Das ist schwer zu erklären – weil man über das Auswahlverfahren auch nichts mitbekommt. Da fehlt mir schon die Transparenz. Das gilt für die Region, aber auch für die Stadt. Der Bürgermeister Ralf Zimmermann äußert ebenfalls wenig bis gar nichts. Das läuft alles hinter verschlossenen Türen. Die Öffentlichkeit bekommt im Grunde nichts mit.
Titze: Ich finde es schon seltsam,wie die Region zu ihren Ergebnissen kommt. Deshalb glaube ich, dass im Hintergrund irgendwelche Gespräche stattfinden, die ein Gewerbegebiet auf unserer Gemarkung unterbinden sollen. Alle möglichen Varianten werden genannt. Nur wir nicht.

Wer zieht denn Ihrer Meinung nach im Hintergrund die Fäden?
Titze: Irgendeine Gruppe, die extrem gute Beziehungen hat. In meinem offenen Brief an die Region habe ich ja schon geschrieben, dass ich Claus-Peter Hutter als einen der Strippenzieher ansehe.

Wie kommen Sie ausgerechnet auf den Benninger Naturschützer?
Titze: Die Meinung habe ich mir eben gebildet. Nur so viel: Ich vermute, dass es ein Beziehungsgeflecht von Hutter zur Bürgerinitiative Rettet das Bottwartal gibt.
Rast: Dass sich nichts bewegt, hat aber noch andere Gründe. Wie man hört, ist ein Problem, dass sich der Gemeinderat selbst nicht darüber einig ist, was er will. Zuletzt hat doch keiner so richtig die Nase in den Wind gehalten. Und das geht weiter mit der Verwaltungsspitze, die sich nicht eindeutig positioniert. Wenn eine potenzielle Standortkommune selbst keine klaren Signale aussendet, kann die Region auch nicht wissen, was wo gewünscht wird. Es tut sich übrigens auch in Sachen Bauland nichts. Man wird den Eindruck nicht los, dass sich hier alles auf Wein, Kultur und Tourismus konzentrieren soll.

Braucht die Stadt tatsächlich auch neue Wohnbaugebiete? Auf dem Gelände der ehemaligen Stadthalle entstehen doch mehrere Wohneinheiten.
Rast: Ich bekomme im Grunde täglich Anrufe von Leuten, die gerne hier bauen würden, es aber nicht können. Es fehlen schlicht Flächen. Und das Projekt Luisenhof, das Sie ansprechen, ist gut für den Markt, jedoch keine Alternative für Bauinteressenten, die frei planen möchten. Das ist schon ein Unterschied.

Haben Sie deswegen schon das Gespräch mit dem Bürgermeister gesucht?
Rast: Wir hatten ein Gespräch im Rathaus. Und da sagte uns der Bürgermeister Ralf Zimmermann, dass er das ganzheitlich sieht. Zunächst müsse der Flächennutzungsplan fortgeschrieben werden. In dem Kontext will er auch die Frage nach dem Gewerbegebiet beantworten. Bis dahin müssten wir uns in Geduld üben. Die zeitliche Perspektive, die uns da aufgezeigt wurde, gab uns allerdings keinen Anlass zu Optimismus. So wird in frühestens drei Jahren etwas geschehen.

War das für Sie zufriedenstellend?
Rast: Nicht wirklich. Ich verstehe nicht, warum das eine mit dem anderen verzahnt sein muss. Andere Kommunen haben die Frage auch nicht verquickt und neues Wohnbauland geschaffen. Wenn wir warten, bis ein neuer Flächennutzungsplan rechtskräftig ist, sitzen wir in zwei Jahren noch hier, ohne unseren Bürgern eine Entwicklungsfläche anbieten zu können.

Ist die Situation für Bauherren wirklich so schlimm?
Rast: Wenn Sie von außerhalb kommen, werden Sie in Großbottwar kaum privates oder öffentliches Bauland finden. Noch schlimmer ist jedoch, dass Sie als Großbottwarer Familie Ihre Zelte woanders aufschlagen müssen, wenn Sie bauen wollen.

Müsste man nur den Eigenbedarf stillen oder dürfte es ruhig noch etwas mehr sein?
Rast: Ich wäre glücklich, wenn das Angebot für den Eigenbedarf gedeckt werden könnte. Alles, was darüber hinaus ginge, wäre schön. Und wir fordern ja nur die Aktivierung jener Flächen, die die Stadt ohnehin in Reserve hat. Also bei der Frankenstraße und der Schellingstraße. Die Areale müssten doch auch ohne Festlegung eines Gewerbegebiets ausweisbar sein. Es gibt Kommunen, die dieses Thema selbstbewusster anpacken.

Was passiert, wenn weder ein neues Gewerbegebiet noch neue Wohngebiete kommen?
Rast: Dann können Sie das geplante Kinderhaus am Schulzentrum gleich streichen. Ein Altersheim wäre an der Stelle dann sinnvoller. Denn genau das würde geschehen: Die Gesellschaft in Großbottwar würde überaltern, die jungen Familien woanders hinziehen. Dazu würde der Nachwuchs in den Vereinen weniger werden. Das ist keine schöne Perspektive.

Als Bauunternehmermüssen Sie das sagen.
Rast: Unser Wohl und Wehe hängt nicht davon ab, direkt in Großbottwar Aufträge an Land zu ziehen.Wir sind nun vermehrt im benachbarten Landkreis Heilbronn tätig, wo das Bauland billiger ist und eine andere Bodenlandpolitik betrieben wird. Ich finde es aber mehr als schade, dass in Großbottwar nichts passiert.

Wenn in Sachen Gewerbegebiet irgendwann einmal etwas passiert: Wo sollte das denn sein?
Titze: Die idealen Flächen sind für mich das Häslachfeld und der Holzweilerhof. Die Flächen liegen in einem Tal, sodass der wunderbare Blick aufs Bottwartal auch kaum genommen wäre. Der Verkehr wäre draußen, weil die Areale direkt von der Autobahn aus angesteuert werden könnten.
Rast: Das sehe ich ähnlich. Ich bin zum Beispiel auch gegen eine Erweiterung des Steinheimer Gebiets Kreuzwegäcker in Richtung Großbottwar hin zu einem interkommunalen Gewerbegebiet. Denn das würde wieder Verkehr an einer Stelle erzeugen, wo ihn keiner will.

Es heißt ja immer, die Großbottwarer Unternehmen könnten sich nicht entwickeln. Deshalb brauche man ein Gewerbegebiet. Welche Firmen das sein sollen, sagt aber keiner.
Titze: Konkrete Namen kann ich Ihnen jetzt nicht nennen. Aber denken Sie an Firmen wie Steel, für die ein Umzug vielleicht eine Option wäre. Und für Oberstenfeld kann man klar festhalten, dass denen die Firmen schon weglaufen. Die brauchen dringend Alternativen. Im Idealfall würde es auf eine Mischung aus örtlichen und attraktiven Unternehmen von auswärts hinauslaufen. Der Region ist ja wichtig, dass sich in einem solchen Gebiet 1-A-Firmen niederlassen.
Rast: Aber Ihre Frage ist berechtigt. Bei uns ist es schon so angekommen, dass die Region ein solches Gebiet nur unter der Prämisse abnickt, dass dann auch bestimmte Firmen, die bei der Region angefragt haben, zum Zuge kommen. Das ist zumindest die planerische Intention. Inwieweit da die örtlichen Handwerker ins Konzept passen, muss man abwarten. Ich bin aber sicher, dass der Bedarf nach Erweiterung auch bei vielen Großbottwar Firmen da ist – auch wenn er vielleicht nicht öffentlich artikuliert wird.

Ihre Forderungen werden nicht überall auf Gegenliebe stoßen. Die Bürgerinitiative Rettet das Bottwartal hat erst jetzt wieder die drohende Flächenversiegelung und „Verschandelung“ des Landschaftsbilds kritisiert. Ist Ihnen das Bottwartal egal?
Titze: Man muss wissen, worüber wir sprechen. Wenn man überlegt, was für unglaubliche Flächen im Heilbronner Raum zugepflastert werden, ist das, was bei uns geschehen soll, ein Klacks.
Rast: Eine breite Bevölkerungsschicht würde es begrüßen, wenn der Knoten endlich durchschlagen würde und man wenigstens 50 neue Bauplätze hätte. Da würde keiner von einer Verschandelung der Landschaft sprechen. Anders mag es beim Gewerbe aussehen. Aber da darf man die Folgewirkung nicht aus dem Blick verlieren. Ohne entsprechende Gewerbesteuereinnahmen kann sich keine Infrastruktur mit modernen Sporthallen, Kinderhäusern und so weiter entwickeln. Da gerät man leicht in eine Abwärtsspirale und verliert den Anschluss.
Titze: Wir brauchen unbedingt dieses Gewerbegebiet. Dann floriert die Stadt wieder. Es fließt Kaufkraft in den Ort. Die Gastronomie blüht auf, weil die Arbeitskräfte in den Restaurants einkehren. Eine Entwicklung, die auch für den örtlichen Einzelhandel sowie Bäcker und Metzger positive Auswirkungen haben könnte.

Das Gespräch führte Christian Kempf.

Marbacher Zeitung | 22. Juni 2013

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Thomas Titze (links) und Alexander Rast würden sich wünschen, dass sich Gemeinderat und Verwaltungsspitze deutlicher zum Gewerbegebiet positionieren.

Thomas Titze ist Vorsitzender des Bundes der Selbstständigen in Großbottwar. Der 56-Jährige ist Versicherungskaufmann und Allianz-Generalvertreter in Großbottwar. Er lebt zwar mittlerweile in Beilstein, ist aber Großbottwarer mit Leib und Seele. „Ich liebe es, im Bottwartal zu leben“, sagt er. Thomas Titze hat eine 20-jährige Tochter. In seiner Freizeit fährt er Mountainbike und Ski. Außerdem versucht er, sein Handicap auf dem Golfplatz zu verbessern. Für Fußball hat er auch etwas übrig – allerdings eher als Zuschauer.

Alexander Rast ist Geschäftsführer des Bauunternehmens Rast in Großbottwar. Der 44-Jährige hat zwar auch einmal Architektur studiert, sich dann aber doch für Betriebswirtschaft entschieden und in dem Fach den Abschluss gemacht. „Über die Schiene bin ich dann in den elterlichen Betrieb gelangt“, erklärt er. In seiner Freizeit trainiert Alexander Rast die Jahrgänge 2003 und 2004 beim VfR Großbottwar. Er ist außerdem Vorstandsmitglied im Förderverein Großbottwarer Handball und Unterstützer des Bottwartal-Marathons.

 

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