In Omas Kämmerle den Grundstein gelegt

Unternehmen | Großbottwar - Rudolf Rast feiert heute seinen 80. Geburtstag. Der Großbottwarer Bauunternehmer hat ein waches Auge auf das Geschehen im Ort und nimmt kein Blatt vor den Mund. Gern duelliert er sich noch heute mit seinem Enkel auf dem Tennisplatz und dem Schachbrett.

Erst vor wenigen Tagen ist Rudolf Rast von einer Reise zurückgekommen, die ihn zu seinen Wurzeln geführt hat. Bereits zum dritten Mal hat der Großbottwarer eine Exkursion in die Vergangenheit unternommen und die Stationen eines langen Weges aufgesucht. Im Jahr 1946 sind er und seine Familie aus Bessarabien geflüchtet und nach einer Odyssee im Schwäbischen gelandet. Der 80-Jährige erinnert sich noch gut, wie die Familie im alten Großbottwarer Schulhaus untergebracht wurde, wo er gleich die schwäbische Mentalität kennengelernt habe. „Ihr müsst erst einmal etwas schaffen, bevor ihr eine Wohnung bekommt“, habe der stellvertretende Bürgermeister damals gesagt. Das hat sich Rast zu Herzen genommen. „Bei der Oma im Kämmerle“ hat Rudolf Rast die ersten Pläne gezeichnet. Später kam eine Maurerlehre dazu, und fast autodidaktisch begann Rast, Häuser zu planen und zu bauen. Im Jahr 1951 gründete er seinen Betrieb als selbstständiger Bauunternehmer. Viele seiner ersten Kunden waren Flüchtlinge, erinnert sich Rast. Denn es hatte sich herumgesprochen, dass er ihr Schicksal teilte und großes Geschick im Umgang mit den Behörden hatte. „Die Anliegen der Menschen durchzuboxen, war für meinen Vater immer Ehrensache“, erinnert sich sein Sohn Alexander Rast, der den Betrieb heute leitet.

Mit dem Geschäft ging es schnell aufwärts, denn „die Flüchtlinge brauchten alle Häuser“, erinnert sich Rast, der den Betrieb später mit seiner mittlerweile verstorbenen Ehefrau gemeinsam führte. In die Architektenkammer wurde der junge Bauunternehmer allerdings erst zehn Jahre nach Betriebsgründung aufgenommen – das fehlende Studium und die Herkunft seien dafür Gründe gewesen, glaubt er. Dafür fasste der junge Mann aber schnell Fuß im Ort – nicht zuletzt des Fußballs wegen. Denn wie viele Zugezogene in Großbottwar zog Rast Fußball dem Handball vor. Besonders lag ihm deshalb auch der Bau des VfR-Vereinsheims im Jahr 1980 am Herzen, bei dem er ohne Rücksicht auf körperliche Gebrechen die Maurerkelle schwang. Froh dagegen sei er noch heute, dass er die Finger von der Bebauung des Großbottwarer Kelterplatzes ließ. Er habe damals einen Bauplan mit großer Dichte und Tiefgarage gemacht. Doch als es hieß, er solle in dem sensiblen Gebiet Abstriche machen, habe er das Projekt fallen lassen. „Und es ist noch heute nicht bebaut“, sagt Rast. Weil Rast sich für die Entwicklung und Belange des Orts interessiere, kandidierte er für den Gemeinderat. Von 1975 bis 1991 saß er für die Christdemokraten in dem Gremium und bezeichnet sich rückblickend als „roter CDUler“. Rast: „Ich habe immer überparteilich Stellung bezogen.“ Der Senior verfolgt heute die Großbottwarer Diskussionen um die Ausweisung von Gewerbe- und Industriegebieten und kommentiert: „Stuttgarter sollen für Stuttgart entscheiden und nicht Ferndiagnosen stellen.“ Es sei nicht gut, wenn Fremde bestimmten, dass Großbottwar sich nicht weiterentwickeln dürfe.

Rudolf Rast wäre wohl nicht er selbst, wenn er den Ruhestand allzu wörtlich nähme. Aus dem Alltagsgeschäft des Rast-Betriebes hält er sich raus, mischt nur ab und an noch mit und sieht manches lockerer als einst. Manchmal sogar so locker, dass er auch mal im Schlafanzug durch die Büroräume, die unter seiner Wohnung liegen, schleicht. Bei Rudolf Rast sind Beruf und Privatleben eng verwoben. Und der Kontakt zum Geschäft „hält jung“. Genauso wie die Schach- und Tennisduelle mit dem Enkel. Sein einziges Handicap: „Ich habe nicht genügend Zeit für die Dinge, die ich tun möchte.“

Seinen 80. Geburtstag feiert Rudolf Rast heute im Kreise von etwa einhundert Gästen. Die Familie muss mit der Feier im kleinen Kreis bis Samstag warten.

Marbacher Zeitung | 22. August 2008

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